Beispiel Gemeinschaftsbildung: Quartierscafé

Bestehendes sichtbar machen – Synergien heben – Gemeinschaft bilden

Zwei klare Bedarfe, die sich in Sendling herauskristallisierten, waren „Vernetzung” und „Austausch”. Dabei ging es vor allem um Vernetzung zwischen denjenigen, die durch ihr Engagement und Handeln das Quartier bereits aktiv mitgestalten. Hier war unser Ziel, ein Angebot zu schaffen, das diesem Bedürfnis Rechnung trägt und gleichzeitig die ohnehin bereits sehr ausgelasteten Kapazitäten der Akteur*innen im Quartier im Blick hat. Als Gestaltungsaufgabe für uns bedeutete das, ein Format zu schaffen, das ausreichend Mehrwert für die Akteurinnen schafft, sodass es bei einem Überangebot an möglichen sinnvollen Tätigkeiten priorisiert wird.

Als gangbarer Weg hat sich eine Serie von drei Veranstaltungen mit dem Titel „Sendlinger Quartierscafé” herausgestellt, die in dreistündigen Formaten (17.00 - 20.00 Uhr) über ein Jahr verteilt gemeinsam mit den Quartierspartner*innen organisiert wurden. Ziel war es, dass das Format nach drei Durchführungen so standardisiert ist, dass es von den Akteurinnen vor Ort in einem wiederkehrenden Format selbstständig durchführbar ist.

Im Fokus des Formats steht der gemeinsame Arbeitsprozess. Zudem haben wir als kleinen Weiterbildungs-Zusatz zwei Impulsvorträge bei jeder Veranstaltung etabliert.

Quartierscafe 1: Bestehendes sichtbar machen

Ziel des ersten Quartierscafes war es zum einen, die reichhaltige Akteur*innenlandschaft im Quartier sichtbar und über Austauschmöglichkeiten auch nutzbar zu machen. Zum anderen war das Ziel, gemeinsame Bilder für die Herausforderungen und Möglichkeiten für nachhaltige Entwicklung im eigenen Quartier zu schaffen. Die Akteur*innen lernen sich also kennen, etablieren Kommunikationsmöglichkeiten und tauschen sich zu den Möglichkeiten in ihrem Quartier aus.

Quartierscafe 2: Synergien finden und gemeinsam ins Tun kommen

Nachdem im ersten Quartierscafé gewisse Bedarfe und Umsetzungsideen skizziert wurden, lag der Fokus der zweiten Veranstaltung darauf, Impulse der Teilnehmenden aus dem Quartier aufzugreifen, um themenbezogen gemeinsam ins Tun zu kommen und von der Reichhaltigkeit an Wissen, Erfahrungen, Kontakten und Fähigkeiten im Quartier zu profitieren.

Quartierscafe 3: Gemeinschaft verstetigen

Wie gelingt es, die Energie und die Gemeinschaft der Akteur*innen im Quartier lebendig zu halten, während Verantwortung für das Format des Quartierscafés von einer externen Prozessbegleitung in den Kreis der Akteur*innen aus dem Quartier übergeht? Dieser Frage widmete sich das dritte Quartierscafé.

Zukünftig wird das Sendlinger Quartierscafé in rotierenden Tandems von je zwei Akteur*innen aus dem Quartier organisiert – dabei übernimmt eine Person des Tandems die Zuständigkeit für die Moderation und die andere Person die Zuständigkeit für den Raum und das Management der Teilnehmenden. Durch die wechselnden Verantwortlichen und unterschiedlichen Orte, an denen das Quartierscafé stattfindet, lernen die Akteur*innen sich gegenseitig, aber auch ihr Quartier besser kennen. Als fester Bestandteil werden aktuelle Informationen aus Sendling in den Quartierscafé-Ablauf integriert, wodurch die Akteur*innen voneinander erfahren, was sie derzeit bewegt.

"Die Vernetzung im Viertel halte ich für ganz wichtig. Es gibt so viele engagierte Personen und Einrichtungen – aber oft wissen sie nicht voneinander. ‚Zukunft gestalten im Quartier’ hat durch die Sendlinger Quartierscafés richtig Schwung reingebracht und den Grundstein für viele neue Stadtviertelprojekte gelegt. Vielen Dank dafür!”

Christina Hesse, Nachhaltigkeitsbeauftragte des Bezirksausschusses 6 Sendling

Um die jeweiligen Veranstaltungsziele zu erreichen, wählten wir sorgfältig entsprechende Methoden aus unserem Werkzeugkoffer aus. Die Ausgestaltung der verwendeten Methoden (z. B. World Café, Pro-Action-Café, Gallery Walks) können in den Ablaufplänen in den Ressourcen eingesehen werden. Ebenso findet ihr Hilfestellung zur Organisation einer solchen Veranstaltung sowie Anlaufstellen für Unterstützung bei der Moderation in Kapitel "Tipps zur Umsetzung".

Als Moderator*innen und Prozessgestalter*innen waren uns weiterhin drei Elemente wichtig:

Ort und dessen Gestaltung

Das Quartier prägende und ggf. identitätsstiftende Räumlichkeiten schaffen Bezug und sind damit gut für den Prozess. Für externe Prozessbegleiter*innen gilt hier wieder, dass dafür die jeweiligen Akteur*innen eingebunden werden sollten. Weiterhin gilt wie in jedem ko-kreativen Raum: Die Gestaltung ist wichtig. Der Raum sollte somit ästhetisch ansprechend und einladend sein und entsprechend Platz für die anzuwendenden Methoden bieten. Für Sendling bot sich dafür der „Stemmerhof” an, ein ehemaliger Bauernhof, der nun als „Dorfplatz” im Quartier belebt wird.

Partizipation

Welche Themen sind im Quartier gerade relevant? Wie viel Energie und Kapazität ist derzeit vorhanden? Was sind im Prozess derzeit sinnvolle Schritte? Diese Fragen lassen sich nicht von außen beantworten. Wir haben gute Erfahrungen damit gesammelt, die Akteur*innen in den Gestaltungsprozess der Veranstaltung einzubeziehen, um sicherzugehen, dass die Veranstaltung tatsächlich dem derzeit bestehenden Bedarf entspricht.

Die Kunst der Einladung und der richtigen Fragen

Während unsere Kultur oftmals „richtige Antworten” und „Lösungen” belohnt, verschließt sie dadurch oft die Möglichkeit, durch öffnende Fragen wirklich reflektierende Gespräche zu führen, bevor wir wichtige Schlüsselentscheidungen fällen. In unserer Arbeit stellen wir bewusst kraftvolle Fragen in den Mittelpunkt, denn sie öffnen Türen zu tieferen Einsichten und Konsequenzen.

Kraftvolle Fragen …

... bringen zugrunde liegende Annahmen zum Vorschein, um diese zu hinterfragen.

... stimulieren Reflektion.

... bringen weitere Fragen hervor.

... fördern Kreativität und den Willen, weiter an der Sache zu bleiben.

... versuchen, die tiefere Bedeutung der Dinge zu berühren*

*Vogt, Brown & Isaacs. 2003. The Art of Powerful Questions. 1. Aufl., S. 4.

 Einblick ins ZiQ-Projekt:

Kraftvolle Fragen In den Quartierscafés haben wir daher mit Fragen gearbeitet, wie z. B.:

Was ist wichtig für eine nachhaltige Zukunft in Sendling? Wo liegen Herausforderungen? Wo liegen Potenziale?

Welche Schritte geht ihr bereits und könnt ihr (gemeinsam) gehen, um Sendlings nachhaltige Zukunft mitzugestalten?

Für die gemeinsame Umsetzung von Projekten:

Welcher Wunsch oder welches Bedürfnis steht hinter dem Anliegen bzw. der Projektidee? Was soll hier erreicht werden?

Was fehlt im bisherigen Gespräch? Welche Optionen und Perspektiven wurden noch nicht berücksichtigt? Was brauchen wir, um loslegen zu können?

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